Vergewaltigung
und Mensch-Tier-Vergleiche
Besonders
das Zwangsschwängern von Kühen wird häufig als Vergewaltigung
bezeichnet. Selbstverständlich können Kühe, so wie alle anderen
Tiere auch, vergewaltigt werden (siehe Zoophilie). Die hinter einer
Zwangsbesamung stehende Absicht ist jedoch eine völlig andere.
Vergewaltigung ist (außer in pathologischen Fällen) ein
Herrschaftsinstrument. Auch dort, wo Männer unter sich sind,
beispielsweise im Gefängnis oder im Krieg[28], wird Vergewaltigung
als Macht- und Kontrollinstrument eingesetzt. Heterosexuelle Männer
vergewaltigen andere Männer, um sie zu unterwerfen und extrem zu
demütigen. Sie entmännlichen sie, indem sie ihnen den weiblichen
Part aufzwingen. Auch in Frauengefängnissen ist diese Praxis zur
Unterwerfung üblich. Frauen vergewaltigen andere Frauen mit Händen
oder Gegenständen oder zwingen diese zu sexuellen Handlungen klick.
Eine
Kuh künstlich zu besamen, geschieht hingegen aus rein
wirtschaftlichem Interesse. Für den, der die Besamung vornimmt, ist
die Kuh nichts weiter als ein Verbrauchs- und Reproduktionsgut. Was
den Kühen widerfährt, ist schreckliche Gewalt. Ich würde es aber
nicht Vergewaltigung nennen. Es ist die einfachste und billigste
Methode, Kühe zu schwängern. Vergewaltigung ist kein Universalwort
für jedes Eindringen in einen Körper (zum Beispiel auch aus
medizinischen Gründen) oder gar für jede Form von Gewalt. Hier ist
eine stärkere Differenzierung notwendig.
Vergewaltigung
im Kontext einer patriarchalen und speziesistischen Gesellschaft
Isoliert
betrachtet ist der Vorgang bei einer Zwangsschwängerung, das
gewaltsame Eindringen in einen Körper, der gleiche und wird von den
Betroffenen (egal welcher Spezies) vermutlich gleich oder zumindest
ähnlich empfunden. Im Gegensatz zur Vergewaltigung geschieht dies
beim Zwangsschwängern jedoch nicht mit der Motivation, das
betreffende Tier zu unterdrücken, zu demütigen und zu verletzen,
auch wenn der Vorgang als solcher so erlebt werden kann (und
mutmaßlich so erlebt wird). Wenn man den Vorgang aber nicht mehr
isoliert, sondern aus einem gesamtgesellschaftlichen und insbesondere
aus einem (radikal)feministischen Kontext heraus betrachtet, wird
deutlich, dass Vergewaltigung seit jeher, vor allem gegenüber
Frauen, als Macht- und Unterdrückungsinstrument und zur sozialen
Kontrolle eingesetzt wird. Frauen, die in ständiger Angst vor
Vergewaltigung leben, sind weniger frei und auf männliche Beschützer
angewiesen, was zusätzliche Macht und Kontrolle ermöglicht, denn
Frauen sind auf den guten Willen der vermeintlichen Beschützer
angewiesen. Ich würde die Verwendung des Begriffs Vergewaltigung
daher an der Absicht festmachen. Dies können andere aber durchaus
anders sehen. Hier ist sicher noch einiger Diskussionsbedarf.
Es
geht (mir) also keineswegs darum, Verbrechen an Tieren ab- oder
anders zu bewerten als gleiche Verbrechen an Menschen. Bei Mord ist
der Fall klar: Mord ist immer vorsätzlich und/oder hat besonders verwerfliche Begleitumstände, sogenannte “Mordmerkmale“, wie zum Beispiel Habgier; im Gegensatz zu Totschlag oder fahrlässiger Tötung. Wenn ich
allerdings einem erkrankten Hund, gegen seinen Willen, ein
Fieberthermometer in den Hintern einführe (mir ist kein Hund
bekannt, der das freiwillig zuließe), dann vergewaltige ich den Hund
nicht, auch wenn der Hund das durchaus als Vergewaltigung empfinden
kann. Selbstverständlich ist eine notwendige medizinische Handlung
nicht mit einer nicht notwendigen Zwangsbesamung vergleichbar. Mir
geht es hier um die Verdeutlichung der Differenzierung des Begriffs.
Zudem
ist der Vergleich zwischen Menschen und Tieren problematisch, da
Tiere in unserer speziesistischen Kultur in den Augen der
Mehrheitsgesellschaft auf einer niedrigeren Stufe stehen. Die
Verwendung von Vergleichen oder Gleichsetzungen, um das Leid von
Tieren aufzuwerten, funktionieren daher in einer strukturell
speziesistischen Gesellschaft nicht. Diese Vergleiche werden
außerhalb von Tierrechtskreisen als Abwertung des Menschen
aufgefasst. Dass dies nicht die Intention hinter solchen Vergleichen
ist, ändert daran nichts.
Man
muss traumatisierte Menschen nicht verletzen und ihnen damit weitere
Gewalt antun. Damit verringert man weder das Leid der Tiere, noch
fördert man eine sachliche Auseinandersetzung mit der Thematik,
sondern präsentiert Tierbefreiung und Tierrechte als
menschenverachtende Ideologien und befeuert zusätzlich die Kritik am
Antispeziesismus.
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